Gott ist nahe bei uns.

Liebe Gemeinde!

In der Karwoche gedenken wir des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus. Ich möchte in dieser Andacht auch an das Leiden und Sterben der kranken Menschen denken, die wir kennen und von denen wir in diesen Tagen hören. Es gehört für mich zu den unverständlichsten Entscheidungen der Corona-Krise, dass wir sie nicht besuchen dürfen. Aus Italien ist die Geschichte des alten Mütterleins überliefert, das den Wunsch hat, von seiner Enkelin Abschied zu nehmen, worauf ihr die Ärztin unter Tränen das eigene Telefon gibt.

Das Besuchsverbot ist unmenschlich, ja grausam, es ist unverhältnismäßig - wie kann es sein, dass niemand protestiert. Wo sind die Juristinnen, Theologinnen, Philosophinnen, die dagegen aufstehen? Darf einem realen Menschen Leid zugefügt werden, um eine rechnerisch mögliche Ansteckung auszuschließen? Die vielleicht auch anders auszuschließen ist? Ich habe über Jahre hochinfektiöse Eltern begleitet, ein guter Mundschutz und ein Kittel haben mich vor der Ansteckung bewahrt. Nun leiden Menschen einsam, aber niemand setzt sich für sie ein. Von Corona wird auch die Erkenntnis bleiben, dass Menschen alles akzeptieren, wenn sie nur genügend Angst haben.

Wie wäre es mir gegangen? Mein Vater ist vor einem Jahr an einer Lungenentzündung gestorben. Für mich (und für ihn) wäre es ein Alptraum gewesen, hätte ich ihn in den Wochen vor seinem Tod nicht mehr besuchen dürfen. Nun bin ich mit vielen einer Meinung, die in diesen Tagen etwas ganz Ungewöhnliches sagen: „Wie gut, dass meine Eltern vorher gestorben sind“.

Von einem nicht gesunden Großelternpaar hörte ich, dass es sehr unter der Trennung von den Enkeln leidet. „Wir haben solche Angst, dass wir euch anstecken,“ sagen die Kinder und Kindeskinder. „Für uns ist es das Schlimmste, dass wir euch nicht sehen. Sterben müssen wir sowieso, denn wir sind alt.“

Doch nun haben wir halt Angst. Allerdings machen wir uns auch etwas vor. Menschen sind auch vor Corona gestorben und werden auch danach sterben. Aber eben nicht jetzt, scheinen wir zu denken, und vor allem nicht so, unbehandelt, ohne Medikamente.  Da denke ich noch einmal an meinen Vater. Das Antibiotikum wirkte nicht, da trat nach wenigen Tagen das Ärzteteam an sein Bett und sagte ruhig und sachlich: „Wir beenden jetzt die Therapie und behandeln Sie nur noch palliativ.“ Er nickte, ich schluckte und so geschah es. So geht es auch in ganz normalen Zeiten vor sich, so haben es mir viele Angehörige erzählt, die diese Entscheidung vernommen und dann auf den Tod gewartet hatten. Aber sie durften gemeinsam warten.

Täglich zählen wir nun die Toten, und man zählt sie uns ja auch, nach unterschiedlichen Methoden, vor. Doch scheint niemand über den Tod zu sprechen. Das wäre jetzt bis zum Karfreitag in der Kirche dran. In der Karwoche hören wir, wie unser Herr Jesus Christus in den Tod geht. Er hat Angst wie wir, er schwitzt vor Angst, wie es der Evangelist Lukas beschreibt. Er betet um Verschonung. Aber dann findet er die Worte: „Dein Wille geschehe“. Am Kreuz fühlt er sich, nach Matthäus, von Gott verlassen. Doch Gott nimmt ihn zu sich und die Engel, die uns behüten auf allen unseren Wegen, sprechen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden“.

Jesus war im Folterkeller und am Kreuz allein. Seine Lieben mussten einen Sicherheitsabstand einhalten, bis hoch zum Kreuz war es weit. Doch Gott war ihm nah. Gott ist unseren Lieben nah. Gott ist uns nah. Diese Nähe brauchen wir in den Zeiten des Abstands alle sehr. Ich wünsche uns eine gesegnete Karwoche.

Herzliche Grüße, alles Gute, Ihr Joachim Deserno, 03.04.2020

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